Achim Reichel

Belsazar


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Die Mitternacht zog näher schon
In stummer Ruh lag Babylon
Nur oben in des Königs Schloss
Da flackert's, da lärmt des Königs Tross

Dort oben in des Königs Saal
Belsazar hielt sein Königsmahl
Die Knechte saßen in schimmernden Reihen
Und leerten die Becher mit funkelndem Wein

Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht'
So klang es dem störrigen Könige Recht
Des Königs Wangen leuchten Glut
Im Wein erwuchs ihm kecker Mut

Und blindlings reißt der Mut ihn fort
Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort
Er brüstet sich frech und lästert wild
Die Knechtschar ihm Beifall brüllt

Der König rief mit stolzem Blick
Der Diener eilt und kehrt zurück
Er trug viel gülden Gerät auf dem Haupt
Das war im Tempel Jehovas geraubt

Und der König ergriff mit frevler Hand
Einen heiligen Becher gefüllt bis zum Rand
Und er leer ihn hastig bis auf den Grund
Und ruft laut mit schäumendem Mund

„Jehova! Dir künd' ich auf ewig Hohn
Ich bin der König von Babylon“

Doch kaum das grause Wort verklang
Dem König ward's heimlich im Busen bang
Das gellende Lachen verstummte zumal
Es wurde leichenstill im Saal

Und sieh! Und sieh! An weißer Wand
Da kam's hervor wie Menschenhand
Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand

Der König stieren Blicks da saß
Mit schlotternden Knien und totenblass
Die Knechtschar saß kalt durchgraut
Saß gar still und gab keinen Laut

Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand
Belsazar aber wurd' in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht


Writer/s: Achim Reichel, Heinrich Heine