
Ende der Vernunft
Eines
Morgens hatte das
Geld genug von uns.
Die
Brötchenkäufer faßten in ihre
Hosentaschen, und als sie die
Münzen auf die
Bäckertresen legten, fragten sie sich verwundert, was da so klimperte.
Die
Verkäuferinnen beschnupperten ratlos das schimmernde
Metall und hatten keinerlei
Verwendung dafür.
Die
Börsenhändler zerpflückten ihre
Akten und bewarfen sich mit
Papierfliegern.
Schon um neun
Uhr morgens brachen die
Nachrichtensprecher mitten im
Ablesen der amtlichen
Albernheiten angewidert ab und sagten die ganze
Wahrheit.
Und siehe:
Sie war viel besser zu ertragen als die geschminkte
Kriegsbemalung zuvor.
Ein reger
Tauschhandel setzte ein:
Noch in der gleichen
Nacht bekamen die
Huren von ihren
Freiern
Essen und
Kleidung statt
Eurocheques, und
Sängern und
Dichtern brachte man
Tabak und
Wein als
Eintrittsgeld zur
Phantasie.
Jeder
Mann holte seine
Träume von den langen
Bänken, auf die er sie geschoben hatte, staubte sie ab und prüfte sie auf ihre
Brauchbarkeit.
Allen, die gern hämisch als
Vorletzte lachen, blieb es im
Halse stecken.
Ein gewisser
Noah machte interessante
Vorschläge und sie verbreiteten sich wie ein
Lauffeuer.
In ganz
Deutschland gab es nur noch eine
Mark, und das war die
Mark
Brandenburg, und keiner fragte sich mehr, was sie wert war.
Die
Menschen betrachteten entzückt ihre leeren
Hände und begannen in ihnen zu lesen:
Unglaubliche
Geschichten und
Liebesgedichte vom
Ende der
Vernunft.
Writer/s: Heinz Rudolf Kunze